Google Plus

Was war Google Plus?

Google Plus, auch als Google+ bekannt, war Googles Versuch, in der Welt der sozialen Netzwerke mitzumischen – eine hauseigene Plattform, die sowohl kontrolliert als auch betrieben wurde vom Tech-Giganten selbst. Der Startschuss fiel am 28. Juni 2011, als ambitioniertes Projekt, das sich gegen Platzhirsche wie Facebook behaupten wollte. Dafür wurde das Netzwerk clever mit bestehenden Google-Diensten wie Google Drive, Blogger und YouTube verknüpft.

Anfangs konnte Google+ mit schnellem Wachstum beeindrucken, obwohl sich die tatsächliche Nutzung je nach Funktion stark unterschied. Drei Führungspersönlichkeiten von Google betreuten das Projekt, das im November 2015 eine radikale Frischzellenkur erhielt – samt kompletter Überarbeitung des Designs.

Doch am 7. März 2019 wurde die Entwickler-API eingestellt, und am 2. April 2019 wurde das Netzwerk endgültig für private und geschäftliche Nutzer abgeschaltet. Grund dafür: enttäuschende Nutzerzahlen und gravierende Designmängel in der Software, die theoretisch externen Entwicklern Zugriff auf persönliche Nutzerdaten ermöglicht haben könnten. Google+ blieb vorübergehend als “Google+ für G Suite” bestehen, bis schließlich alle Nutzer zu „Google Currents“ überführt wurden.

Die Entstehungsgeschichte von Google Plus

Mit dem Siegeszug von Facebook wurde auch bei Google der Wunsch laut, ein eigenes soziales Netzwerk zu etablieren. Erste Gehversuche wie Google Wave verliefen jedoch enttäuschend, und Google Buzz sorgte eher für Kritik als für Begeisterung. Erst 2011 brachte Google mit Google Plus einen ernstzunehmenden Herausforderer auf den Markt – mit dem Ziel, Google-Dienste wie Google Fotos zu bündeln und gleichzeitig ein neues soziales Erlebnis zu schaffen.

Ein ehemaliger Facebook-Mitarbeiter berichtete 2016 in einem Buch, dass einige Facebook-Manager Googles Vorstoß durchaus ernst nahmen. Mark Zuckerberg reagierte mit einem internen “Lockdown” und beauftragte seine Entwickler, die Funktionen von Facebook an das aufkommende Google+ anzupassen.

Wie funktionierte Google Plus?

Google+ startete im Juni 2011 mit zahlreichen Features im Gepäck. Nutzer konnten Fotos und Statusmeldungen im Stream teilen oder sich in interessenbasierten Communities austauschen. Eine Besonderheit war das Konzept der „Circles“ – man konnte Kontakte in individuelle Gruppen einteilen, um gezielt Inhalte zu teilen. Ergänzt wurde das Ganze durch den Multi-User-Videochat „Hangouts“, Events, Standort-Tags und eine integrierte Fotobearbeitung mit Cloud-Speicherfunktion.

Warum verschwand Google Plus?

Am 8. Oktober 2018 verkündete Google das Ende von Google+ für Endverbraucher – zunächst für August 2019, dann vorgezogen auf den 2. April 2019. Die Gründe: schwache Nutzerbindung und das Scheitern, eine Plattform zu etablieren, die den Erwartungen gerecht wurde.

Schockierend war auch die Nutzungsdauer: 90 Prozent der Sitzungen dauerten weniger als fünf Sekunden. Zudem gestand Google eine Sicherheitslücke in der API ein, die potenziell persönliche Daten offenlegte – wenn auch ohne Nachweis eines tatsächlichen Missbrauchs.

Wie viele Menschen nutzten Google Plus?

Nach nur zwei Wochen zählte Google+ zehn Millionen Nutzer. Einen Monat später waren es bereits 25 Millionen. Im Oktober 2011 vermeldete Mitgründer Larry Page 40 Millionen Nutzer. Bis Oktober 2013 griffen laut Google 540 Millionen Menschen monatlich auf erweiterte Google+-Funktionen wie Gmail, YouTube-Kommentare oder die +1-Schaltfläche zurück.

Vergleich mit anderen sozialen Netzwerken

Im direkten Vergleich blieb Google+ stets hinter den Platzhirschen zurück. ComScore verzeichnete im Januar 2012 eine durchschnittliche Verweildauer von lediglich 3,3 Minuten – Facebook-Nutzer kamen im Schnitt auf stolze 7,5 Stunden.

Auch 2013 blieb die Nutzeraktivität laut Nielsen mit rund sieben Minuten pro Monat enttäuschend niedrig.

Die New York Times beschrieb Google+ 2014 als „digitale Geisterstadt“ – trotz der von Google genannten 540 Millionen aktiven Nutzer soll fast die Hälfte die Seite nie besucht haben. Letztlich, so die Zeitung, ging es Google bei Plus wohl mehr darum, Daten aus seinen zahlreichen Diensten zu verknüpfen, als einen echten Facebook-Konkurrenten zu schaffen.

Was war besonders an Google Plus?

Ein Google+-Profil war öffentlich sichtbar und eng mit anderen Google-Diensten verzahnt. Es zeigte Profil- und Titelbilder, Angaben zur Ausbildung, zum Beruf, Interessen und Wohnorte – plus einen Bereich für Posts.

Herzstück des Netzwerks war das „Circles“-Feature: Kontakte konnten per Drag-and-Drop in Gruppen sortiert und gezielt angesprochen werden – bis dieses Design 2015 durch eine simplere Checkbox-Lösung ersetzt wurde.

Der „Stream“ lieferte Updates aus den eigenen Circles und Communities. Mit einem Klick auf „Verfassen“ ließen sich neue Beiträge starten, inklusive Bilder und Videos.

Ab dem 6. Dezember 2012 ermöglichten „Communities“ den themenbasierten Austausch – auch über Unternehmensseiten hinweg.

War Google Plus für Online-Marketing interessant?

Obwohl primär als privates Netzwerk gedacht, bot Google+ einige spannende Tools für das Online-Marketing. Dank automatischer Kontoerstellung über Google-Konten konnte Google+ viele Nutzer gewinnen – auch wenn die Plattform nie die Reichweite von Facebook erreichte.

Vorteile:

  • Einfaches Account-Management
  • Vielfältige Interaktionsmöglichkeiten mit Followern
  • Reichweite durch Integration in Googles Suchergebnisse
  • Präsenz für Unternehmen via Google Plus Local
  • Synchronisation mit Google Maps und anderen Diensten
  • Kontaktverwaltung über Gruppen
  • Verbindung mit Google Ads (z. B. Plus-One-Anzeigen)
  • Analyse- und Tracking-Funktionen über Google Analytics

Nachteile:

  • Gewinnspiele und Kampagnen waren weniger effektiv
  • Fehlende Apps im Vergleich zu Facebook

Immerhin bot Google My Business in der späteren Form von Google+ neue Wege, um mit Kunden und Partnern zu interagieren.

Typische Anwendungsbereiche von Google Plus

  • Autorenprofil stärken: Blogger und Webseitenbetreiber konnten ihre Expertise hervorheben, indem sie ihre Seite mit dem Google+-Konto verknüpften. Dies stärkte die Glaubwürdigkeit („Authority“) des Autors – allerdings wurde dieses Feature bald wieder eingestellt.
  • Event-Berichterstattung: Mit Google Hangouts konnten Live-Übertragungen von Veranstaltungen realisiert werden. Besonders während US-Wahlkämpfen wurde das Tool genutzt. Zuschauer konnten in Echtzeit per Chat oder SMS interagieren. Die Hangouts wurden anschließend als Videoclips gespeichert und auf YouTube archiviert. Heute ist diese Funktion nur noch in Form von „Hangouts Meet“ in G-Suite Professional verfügbar.
  • Kontaktpflege: Besonders in der Kreativ- und Werbebranche wurde Google Plus genutzt, um geschäftliche Kontakte zu pflegen. Diese Funktion ist heute eingeschränkt über Google My Business oder G Suite möglich.
  • Aktionsverteilung: Aktionen und Sonderangebote konnten direkt in den Google-Suchergebnissen (SERPs) platziert werden. Heutzutage ist das nur noch über Google My Business möglich, wo Unternehmen Beiträge im eigenen Profil veröffentlichen können.
  • Kampagnen über Hashtags: Werbekampagnen ließen sich über Hashtags unkompliziert starten und verbreiten – ein Feature, das besonders für virales Marketing geeignet war.

Datenschutz bei Google Plus

Am 10. Dezember 2018 wurde öffentlich, dass durch eine fehlerhafte Änderung der API Nutzerdaten für sechs Tage ungeschützt waren. Rund 52,5 Millionen Nutzer waren betroffen – auch wenn Google keinen Missbrauch nachweisen konnte.

Laut dem Wall Street Journal wusste Google bereits im Frühjahr 2018 von der Schwachstelle, meldete sie aber nicht – aus Angst vor behördlicher Kontrolle. Die Zeitung schrieb: „Diese Entscheidung ist der letzte Sargnagel für ein Produkt, das 2011 startete, um Facebook Konkurrenz zu machen – und heute als einer der größten Flops von Google gilt.“